top of page

Ein langes Jahr oder How to build a House in Kenya


Ich bin stolz, auf uns alle. Auf alle Mitglieder unserer Projekte vor Ort. Auf alle Unterstützenden in Kenia und Europa. Auf mich. Ich bin stolz auf das Durchhaltevermögen, das die vergangenen 12 Monate wie selten ein anderes Jahr fragte und noch immer fragt.





Um ehrlich zu sein, manchmal bin ich, sind wir hier vor Ort kurz davor alles hinzuschmeißen. Mit den wuchernden Benzinpreisen sind hier auch grundlegende Lebensmittel kaum mehr bezahlbar. Die Dürre hält an, an eine echte Regenzeit können wir uns schon kaum mehr erinnern. Felder werden bestellt, immer und immer wieder, "ein Farmer ist der letzte, der die Hoffnung verliert", sagt Bruder Francis immer. Doch es zehrt, an den Kräften, Nerven und natürlich Geldbeuteln, wenn die Ernte immer und immer wieder mickrig bis 0 ausfällt. Seit 1,5 Jahren gab es aufgrund der Verschiebungen durch Corona keine nennenswerten Schulferien. Unser Direktor, unsere LehrerInnen, KollegInnen, die Teil des Schulprojekts sowie des Projekts FaMojas sind, sind mehr als überarbeitet.

Die Wahlen, die seit über 12 Monaten bis August diesen Jahres das Land bestimmten, sorgten für weitere Spannungsfelder und Preissteigungen, die ich als Menschenrechtsverletzung bewerten würde, doch irgendwie müssen die Kampagnen komödiantischer Natur ja finanziert werden...


Ein Blick auf FaMoja:

Die Dürre kann uns nichts mehr antun, soweit die guten Neuigkeiten. Unsere Wasserversorgung ist gesichert. Warum es dennoch ein Jahr der harten Proben war: Drei feste Farmarbeiter haben wir nacheinander in der Farm angestellt und wieder entlassen. Sie sollten vor Ort die Stange hochhalten, da wir durch die geballten Schulsemester und gestrichenen Ferien nicht öfter als 1mal wöchentlich vor Ort sein konnten. Das nutzten die Arbeiter aus, taten wenig bis gar nichts und betrachteten sich mehr als Farmbesitzer denn als Teil eines Gemeinschaftsprojektes.

Durch die Unzuverlässigkeit unserer Arbeiter machten wir es nachts Dieben leicht, die Bäume in unserem Land für Brennholz fällten und unsere Früchte ernteten oder Nachbarn, die ihre Kühe und Ziegen auf unserem Land grasen ließen, die frisch gepflanzten Bäume schmecken besonders gut...eine Zeit, in der jeder versucht über die Runden zu kommen.


Ein Blick auf Kandongu:

Die ökonomische Situation hat natürlich die Eltern unserer Schulkinder genauso getroffen, so haben wir viele Kinder verloren, deren Eltern die Schulgebühren im Moment nicht bezahlen können. Andere Kinder sind weiterhin hier, auch wenn ihre Eltern weniger oder gar nicht bezahlen. Wir sind dankbar, dass wir das tragen können!

Unsere Farmerträge sind drastisch gesunken, ein großer Teil unserer (von der Kirche gepachteten) Farm wurde uns unerwartet entzogen, auch die Kirche versucht wohl über die Runden zu kommen..

Unser Brunnen musste noch tiefer gegraben werden (wir haben jetzt eine maximale Tiefe erreicht, 10 Meter von Hand mit Hammer und Meißel...), um zumindest die Gemüsefarm weiterhin bewässern zu können. Die Hälfte unserer hart erarbeiteten Hühnerzucht mussten wir verkaufen, Viehfutter ist zu teuer in dieser Zeit. Gute Neuigkeiten hier: ein lokaler Fonds möchte die Schule unterstützen und uns ein Bohrloch finanzieren, das wird uns und der benachbarten Community eine langfristige Lösung schenken.


Und doch, unsere Sorgen werden oft still: Denn wöchentlich sind wir Teil der Kollekte der Kirchengemeinde, in der Geld und Lebensmittel aus der gesamten Region gesammelt und nach Nordkenia gebracht werden, wo Menschen wie Tiere der Hirtenvölker ums Überleben kämpfen. Unsere Region gilt nach wie vor als eine der fruchtbarsten des Landes.


Ist Zeit aufzugeben?



Nein. Es geht voran! Auch wenn diese Zeit an all unseren Enden nagt, wir sehen Licht am Ende des Tunnels. Ab Dezember können wir uns wieder auf regelmäßige 4-wöchige Ferien verlassen (3-mal jährlich), die allen Projekt-Mitgliedern wieder erlauben, mehr Zeit in die Entwicklung der Projekte zu investieren.

Das Goldstück ist gefunden: Farmarbeiter James transformiert den Ort FaMoja im Stundentakt. Er ist ehrlich, eigeninitiativ und fleißig, wofür ich meine Hand ins Feuer lege. Was vorher einem Buschland glich ist innerhalb von 4 Wochen zu einer Oase mit Kürbisfeld, Wurzelgemüsefeld, Gemüsegarten, Bananenwald, Erdnussfeld, Süßkartoffelfeld gewachsen, eine erste Einnahmequelle für das Projekt entsteht und ein wirklich notwendiges Zeichen für uns hier: es geht voran.


Bau Communityhaus FaMoja: die jetzigen Material- und Arbeitskosten übersteigen nach wie vor unsere ursprünglichen Kalkulationen bei Weitem. Doch in unserem letzten Teamtreffen haben wir klar entschieden, wir möchten starten! Denn: wo nichts ist, kann sich bekanntlich nichts entwickeln. Wie immer gilt die Moral meiner KollegInnen hier vor Ort "Gott wird's schon richten."



Uns was macht Jana eigentlich die ganze Zeit dort?



Abgesehen von dem kleinen und großen täglichen Wahnsinn und meinen künstlerischen Projekten hätte ich bereits April diesen Jahres in mein eigenes Haus ziehen sollen, das ich 800 Meter entfernt vom Schulprojekt Kandongu baue. Doch nicht nur die Preissteigerungen haben auch dieses Projekt hart getroffen, sondern auch die kenianische Arbeitsmoral. Unehrliche Arbeiter brachten mehr Kosten als Fortschritt, Materialien verschwanden über Nacht und die meisten Schritte mussten statt einmal bis zu dreimal vollzogen und bezahlt werden (nein, eine Art Versicherung für Pfusch etc. gibt es hier nicht..hinzu kommt: Arbeiter werden pro Tag bezahlt, nicht pro Projekt.) Und ohne Wasser, kein Hausbau. Jeder Liter Wasser für den Bau wurde in Fässern mit einem Ochsenkarren von einem entfernten Brunnen angekarrt, von zwei Jungs, die entweder vor Morgengrauen oder gar nicht arbeiten, da sie ab Sonnenaufgang im lokalen Pub trinken gehen. In Kurz: trotz unermüdlicher Unterstützung der ganzen Schulcommunity ist der Einzug in das Haus bislang nicht in Sicht. Das Projekt wird fortgesetzt, sobald eine Baufirma aus Nairobi gefunden ist, die einer Arbeit auf Vertragsbasis zustimmt. Gut Ding will Weile haben...

Und der positive Nebeneffekt: Aus Fehlern lernt man. Das Bauprojekt FaMoja wird von meinen gemachten Bauerfahrungen wohl sehr profitieren.


Also hinschmeißen? Keineswegs. Es gilt kreative, gutgläubische und ganz und gar kenianische Lösungen zu finden und alles wird gut, wie immer...


"In Kenya one doesn't get stressed, unless it's by choice" (Br. Francis)

"In Kenia kann einen nichts stressen, es sei denn man will es so." (Br. Francis)



Kann man denn irgendwem über den Weg trauen in diesem Land?


Ja, kann man. Genauso wie linke Hunde und Korruption das Land bestimmen, so auch die Menschen, die Tag und Nacht für mein Hausprojekt zur Verfügung stehen. Die selbstverständlich nachts um 4 Lieferungen in Empfang nehmen, ohne dass ich es mitbekomme. Die 300 km weit fahren, um nachts in den Bergen Gras zu schneiden, es den Berg herunter tragen und (Lastwagenweise!) hier her transportieren, weil Jana ein Grasdach auf ihren Gästehütten wünscht. Es gibt die benachbarten Farmer, die Glück haben mit ihrer Ernte und der Schule seit Monaten täglich Tomatenkisten und Milchkanister schenken. Es gibt die Lehrer, die trotz minimalem Gehalt (ca. 70 Euro im Monat) zusammenlegen um verschiedenen Kindern zu helfen, in weiterführende Schulen gehen zu können.


Es gibt sie, die kleinen und großen Wunder, jeden Tag...und deshalb machen wir weiter.


Bist du dabei?


Mehr Informationen zu den aktuellen Prozessen in den Projekten findest du im Newsletter Oktober 2022.








Comentarios


_04a2175%25201_edited_edited.png

Hallo, ich schreibe für  euch live aus Kenia!

Die Diskrepanz zwischen dem, was wir glauben über weit entfernte Realitäten zu wissen und der tatsächlichen Selbstwahrnehmung von Menschen vor Ort, wird für mich besonders in dieser Zeit der 'globalen Krise' sichtbar. Njoki erschafft Beiträge, die...

Keine Beiträge verpassen.

  • Facebook
bottom of page