Nach mir die Sintflut?
Let's Bring the Trees Back Home!
Als ich Anfang Mai nach Deutschland zum Familienbesuch aufbrach, fühlte es sich an, als würde ich ein sinkendes Schiff verlassen - im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Straßen nach Nairobi waren Flüsse, Teile der Stadt unter den Wassermassen verschwunden.
Die Toten- und Vermisstenzahlen im ganzen Land waren bereits drastisch angestiegen.
In unserem Nachbardorf am Fluss waren längst hunderte Haushalte evakuiert. Unsere Schulfarm des Projekts Kandongu hatte sich in einen See verwandelt, die 500 gerade gepflanzten Papayas waren spurlos weggeschwemmt. Wasser begann sich durch die Zementböden der Klassenzimmer zu drücken.
Die hauptsächlich mit Mais und Bohnen bepflanzten flachen Äcker des Dorfgemeinschaft waren zum größten Teil bereits jetzt nicht mehr zu retten.
Durch das unermüdliche Graben von Abflusskanälen hatten wir unsere private Farm "über Wasser gehalten", in die wir als Bio-Demo-Farm ein Jahr lang investiert hatten, auf der wir experimentiert und entwickelt hatten und die bald für Neugierige geöffnet werden sollte.
Kaum erreichte ich Deutschland, nahm El Niño erst richtig Fahrt auf. Zweiwöchige, pausenlose Starkregenfälle kosteten nicht nur weitere Leben, Häuser und Lebensgrundlagen, sondern machte unsere und andere Farmen endgültig dem Erdboden gleich.
Einige Wochen vor den Fluten
Mit einer Gruppe von Mitgliedern von Projekt FaMoja und Jugendlichen aus unseren Unterstützungsprogrammen machen wir drei Monate vor den Fluten einen Ausflug zur "Forestfoods"-Farm in der Nähe von Nairobi. Die Farm ist Vorreiter für Agroforstwirtschaft, also für Landwirtschaft "im Wald" und wir lernen Einiges über die Vorteile durch das Anpflanzen von Nahrungsmitteln inmitten von Bäumen.
Auch wenn der lehrreiche Ausflug zu "Forestfoods" Neugierde weckt und einige der Truppe zum Denken anregt: zurück zu Hause wird doch lieber zum alt Alt-"bewährten" - oder zumindest Altvertrauten - gegriffen. Zur Saatzeit kurz vor den Fluten pflanzen alle wieder fleißig ihre Monokulturen von Mais und Bohnen an, von Bäumen keine Spur.
Einige Wochen nach den Fluten
Ich bin zurück in Kenia und nach einer wochenlangen Trockenzeit ist die nächste Regenzeit eingetreten. Bei jedem Starkregen halten wir den Atem an. Wird es wieder so zerstörerisch werden?
Oft habe ich hier schon berichtet, wie sehr ich die unumstößliche Hoffnung der Farmer*innen vor Ort bewundere, die trotz ständigen Rückschlägen niemals aufzugeben scheinen. Auch dieses Mal bewundere ich sie. Doch mit einem weinenden Auge: Wie lange werden sie noch so weiter machen können?
Gerade zur rechten Zeit
Ich besuche Br. Francis, Direktor des Schulprojekte Kandongu und Chairman des Projekts FaMoja, und laufe mit ihm über die gerade wieder aufgebaute Schulfarm.
Und was zeigt er mir da voller Stolz? Er zeigt mir die ersten Bäume, die er inmitten des Gemüses gepflanzt hat!
Was recht unbedeutend klingen mag, fühlt sich für mich an diesem Ort wie ein Durchbruch an.
Die zerstörerischen Regenfälle vor einigen Monaten sah Br. Francis als "letzte Warnung". Er spürte, er musste an seiner Farming Methode etwas ändern. Und als er sich an unsere Tour zu "Forestfoods" erinnert, beginnt er direkt das Gelernte in die Tat umzusetzen. Die Bäume helfen, die Erde zu stabiliseren und in Trockenzeiten Feuchtigkeit im Boden zu halten. Sie beschützen die Saat und geben wichtige Nährstoffe für eine höhere Produktivität.
Ich glaube, die starken, oft katastrophalen klimatischen Veränderungen können hier außer Hoffnungslosigkeit noch etwas anderes hinterlassen: Mut und Entschiedenheit zum Umdenken.
Kaum eine Community Kenias hat so stark Abholzung betrieben wie die Kikuyus in diesem Teil von Kirinyaga.
Äcker sind baumlos, neu gepflanzte Bäume dienen nur dem Zweck des schnellen Geldmachens durch Weiterverarbeitung, sie werden selten nachgepflanzt und kaum geschätzt. Das flache Land am Fuße des Mt. Kenias liegt ungeschützt vor Überschwemmung und Dürrezeiten - ein Ergebnis von vielen der landwirtschaftlichen Lehren der Europäer aus Kolonialzeiten.
Ich glaube, dass jedem Schmerz eine Mission entspringt.
Mein Gefühl ist: JETZT ist der Zeitpunkt für die Farmer*innen vor Ort, an dem sie Offenheit für Neues zeigen und ein Umdenken für ihre Beziehung mit der Natur stattfinden kann. Der Leidensdruck ist hoch genug...
Was, wenn andere Farmer*innen des Dorfes auch Bäume in ihre Maisfelder pflanzten?
Was wenn sie sehen könnten, dass ihre Ernte damit nicht nur geschützter, sondern sogar produktiver sein kann als in baumlosen Monokulturen?
Was, wenn wir weitere Menschen beispielhafte Farmen aufbauen, mit anderen ihr Wissen teilen und sie bei ihrem Umdenken begleiten können?
Es gibt Einiges zu lernen, auszuprobieren und vor allem: ZU REDEN!
Ich bin unglaublich freudig und motiviert und fest überzeigt: eine meiner nächsten Aufgaben vor Ort ist das Zurückbringen der Wertschätzung für Bäume in dieses Dorf und Umgebung.
Es wird Zeit brauchen, Gespräche, Austausch, voneinander Lernen, beispielhafte Vorreiter, um dann von einigen gescheiterten Versuchen und ersten Erfolgsgeschichten erzählen zu können. Br. Francis Erstversuch auf der Schulfarm ist für mich bereits eine dieser Geschichten!
Jetzt heißt es: WEITERMACHEN!
Ich bin bereit dafür, denn ich bin überzeugt, das Wiederbeleben der Wertschätzung für Bäume kann einen lebensverändernden Wandel für die Gemeinschaft der Landwirte bedeuten.
Bist du dabei?
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Liebe Grüße aus Kandongu,
Jana
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