Newsletter November 2021
Neues aus den Projekten 'Kandongu' und 'FaMoja'
(Auf der FaMoja-Farm. Br. George, ein langjähriger Freund ist zu Besuch und erklärt einem Nachbarskind die Besonderheiten unserer Bäume)
"Ich glaube nicht an Wohltätigkeit. Ich glaube an Solidarität. Nächstenliebe ist vertikal, also demütigend. Sie geht von oben nach unten. Solidarität ist horizontal. Sie respektiert die andere Person und lernt von ihr. Ich muss noch viel von anderen Menschen lernen."
- Eduardo Galeano
Wenn mich die Projektarbeit in und mit Kenia eines gelehrt hat, dann das, dass nicht Wohltätigkeit, sondern nur Solidarität ein langfristiger Weg der Zusammenarbeit sein kann. Wir möchten das nicht immer wahrhaben, da wir gerne 'helfen', vielleicht mögen wir das Gefühl 'gebraucht' zu werden, vielleicht beruhigen wir so das aufgewühlte Gemüt, das sich in dieser Welt oft fragen mag, wo anzufangen, wo anzupacken, bei all den Ungleichgewichten, die uns umgeben. Eine zeitlang konnten wir die "vertikale" Unterstützung der Wohltätigkeit, wie Galeano sie beschreibt, noch aufrecht erhalten. Ich glaube, dass sie aber spätestens jetzt, seit dieser Phase des konstanten Wandels, die sich im Außen auf greifbare Weise durch die Diskurse um ein Virus zeigt, nicht mehr länger tragen kann. Die Illusion davon, dass wir in Isolation entscheiden und handeln könnten, ist nicht mehr haltbar, (globale) Lösungen können längst nicht mehr innerhalb von Grenzen und Nationen gefunden werden.
Dieses Jahr habe ich zu seinem größten Teil in Kenia verbracht und ich durfte in diesem globalen Ausnahmezustand auf unterschiedlichen Ebenen erfahren, dass alte Muster von Schwarz-Weiß, arm-reich, entwickelt-rückständig, sicher-unsicher nicht nur obsolet sind, sondern sogar hier und da ins Gegenteil verdreht werden. Auch wenn finanzielle Ressourcen aus Deutschland bislang für die Projekte Kandongu und FaMoja von großer Wichtigkeit sind, längst erkenne ich, welche Ressourcen im Gegenzug auf kenianischer Seite strahlen, dir für mich und – wenn ich so die Stimmungsbilder in Zentraleuropa verfolge – mit Sicherheit auch noch für den oder die ein oder andere, einige unschätzbare, beispielhafte Werte bereithalten: z.B. innere Stärke, Flexibilität und vor allem Solidarität in der eigenen Gemeinschaft, im eigenen Land, das bedingungslose Anerkennen unterschiedlicher Meinungen und Weltbilder, die hier in Kenia auf so natürliche und respektvolle Weise nebeneinander existieren können.
Dieses Jahr war und ist ein besonderes, auch für unsere Projekte, die solch bedeutsame Schritte gehen konnten, auch dank euch, eurer Solidarität, eures Vertrauens und eurer Wertschätzung. DANKE!
Lasst uns weiterhin verbunden bleiben, gerade jetzt!
Allgemeines:
- Rückblick Beatmesse: Im Rahmen der internationalen Beatmesse im Mai unter dem Titel "Kenya – I do it my way" wurden 2640 Euro für ein Projekt-Haus im Projekt FaMoja gesammelt. Dafür möchte ich mich im Namen von FaMoja von Herzen bei der Kirchengemeinde Köln Klettenberg bedanken. Weitere Infos zum Stand des Projektes unten. Die Aufzeichnung der Beatmesse, in der auch Br. Francis Macharia, Direktor des Schulprojekt Kandongus und Mitglied des Projekt FaMojas, live aus Kenia zugeschaltet wurde, findet iher hier , den Block mit einer Gastpredigt von mir und Beiträgen aus Kenia startet ab ca. 52:00.
Projekt Kandongu:
- Ein Jahr der Trockenheit: Im Moment ist in Kenia Regenzeit – eigentlich. Wenn sie nicht ausgefallen wäre. So wie auch schon die letzte und vorletzte. In diesem Jahr sind alle Existenz sichernden Regenfälle ausgeblieben. Ich persönlich habe das in meiner Kenia-Geschichte noch nicht erlebt. Gerade richtig hatten wir Anfang des Jahres ein Bohrloch für die Wasserversorgung etabliert, das uns einige Monate 'über Wasser' hielt. Doch ohne Regen sinkt der Grundwasserspiegel bedenklich. Nun muss nicht nur der Brunnen tiefer gegraben werden. Auch die komplette Ernte ist vertrocknet (ca. 2 ha Farm). Mais und Bohnen, die sonst die gesamte Schule einige Monate ernähren, können nur noch als Tierfutter verwendet werden. In diesen Zeiten benötigen wir Unterstützung zum Zukauf von Nahrungsmitteln. Ein Sack Mais kostet ca. 30 Euro. Ein Sack Reis ca. 40 Euro, wobei unter den derzeitigen Umständen Preise stark schwanken und erwartungsgemäß weiter steigen. Wir erwarten finanzielle Ausfälle an allen Enden, da auch Eltern die Schulgebühren ihrer Kinder durch ihre landwirtschaftlichen Erträge bezahlen. Die Gehälter der Lehrer:innen sind mit Sicherheit schon bald nicht mehr gesichert.
- Ein neuer Schulbus: Der 2012 angeschaffte Schulbus bringt seit Jahren Probleme. Er ist nicht nur zu klein, sondern auch sehr Reparatur anfällig geworden und schon längst finanziell nicht mehr tragbar. 2020 initiierte Schuldirektor Francis Macharia ein Fundraising Projekt mit der örtlichen Gemeinde und einem Kommittee aus Eltern, Nachbar:innen und Lehrkräften. Unterbrochen durch den Lockdown 2020 nahm er das Projekt in diesem Jahr wieder auf. Vergangene Woche konnte ein neuer Schulbus gekauft werden (16 000 Euro), dessen Finanzierung über 4 Jahre wir mit 1000 Euro Startzuschuss unterstützen konnten. Über die Eigeninitiative aus Kandongu bin ich besonders glücklich, da sie den Weg in die Unabhängigkeit bestärkt.
- Ein neues Tor: Im August konnte ein neues, stabileres und sicherers Schultor für 300 Euro angebracht werden, für das sich der Großteil der Eltern ausgesprochen hatte.
- Status quo Klassenzimmer: Im vergangenen Newsletter kündigte ich den notwendigen Bau neuer Klassenzimmer an. In Zusammenarbeit mit Br. Francis Macharia und den Brothers of St. Joseph konnten wir einen Förderantrag in Kenia stellen und warten derzeit noch auf dessen Ausgang.
(Im Projekt Kandongu, Lehrerinnen und ich in gemeinsamer Essensvorbereitung)
Projekt FaMoja:
- Wasserprojekt: Die ausfallenden Regenzeiten gehen auch an Projekt FaMoja nicht spurlos vorbei. Auch wenn die Farm Zugang zu einem Fluss mit ausreichend Wasser hat, mussten wir uns im August für den Bau eines Brunnens entscheiden. So möchten wir verhindern, dass bei ausfallenden Regen Wasser durch umweltschädliche und unökonomische Bezin-Pumpen auf die Felder in Hanglage gepumpt werden muss. Hartnäckige Steinschichten machten es uns bislang jedoch unmöglich, den Brunnen fertigzustellen. Derzeit sind wir mit lokalen Firmen mit professionellen Bohrern in Kontakt. Die dringend notwendige Fertigstellung des Brunnens inklusive Wasserstand, Wassertank und Solarpumpe wird weitere ca. 2300 Euro in Anspruch nehmen.
- Arbeitsplatz geschaffen! 9 Monate Lockdown im vergangenen Jahr haben eine Verschiebung der kenianischen Schulkalender und vor allem eine enorme Kürzung der üblichen Ferienzeiten zur Folge (normalerweise sind das 3 Monate im Jahr, die jetzt auf einzelne Wochen gekürzt wurden). Gerade in diesem Jahr, in dem unser FaMoja Projekt besondere Anschubkraft und unsere Farm gründliche Betreuung braucht, bekommen die FaMoja Mitglieder kaum Freiräume, in denen sie auf FaMoja mit anpacken können. Im August entschieden wir uns daher, ein Gemeindemitglied der benachbarten Community als festen Farmarbeiter (Ezekiel) anzustellen. Wir freuen uns somit Verbindungen zu den lokalen Einheimischen zu stärken und schon jetzt einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können. (Gehalt 80 Euro/Monat).
- Ausbau der Farm: In Zusammenarbeit mit unserem Farmarbeiter Ezekiel konnte eine Reis- und eine Erdnussfarm etabliert werden. Nach Vollendung des Wasserprojektes soll ein Garten für Heilkräuter angelegt werden.
- Community-Projekt-Haus: Nach der Fertigstellung des Wasserprojektes kann endlich der Bau des Community-Projekt-Hauses beginnen. Es dient als 'zu Hause' des Projektes, als Versammlungsort aller Mitglieder und als Austragungsraum zukünftiger Bildungsangebote. Dank der eingegangenen Spenden im Rahmen der Beatmesse Klettenberg Köln im Mai diesen Jahres und weiteren privaten Spenden im Nachgang stehen uns großzügige 7000 Euro für dieses Projekt zur Verfügung. Ich werde die Umsetzung vor Ort begleiten und euch weiterhin über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten.
(Im Projekt FaMoja, Br. Francis, Ich und Nachbarkinder, nach der Errichtung unseres Eingangstores im Mai diesen Jahres)
Im Namen von beiden Projekten möchte ich mich von Herzen bei Akifra e.V., FAKT e.V., bei Ivo Masanek und der Kirchengemeinde Köln Klettenberg mit ihrem Beatmessen-Team und bei jeder einzelnen untersützenden Hand in diesem Jahr bedanken.
Kommt gesund und gesegnet ins neue Jahr!
Herzlich, Jana
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