Die Dorfjugend im Fliegenrausch
- Jana Winterhalter
- 11. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
FORTSCHRITTE IM PROJEKT FAMOJA: DER YOUTH CIRCLE

Warum der "Youth Circle"?
Seit Ende 2024 ist mein zu Hause, die Blue Moon Farm, wöchentlicher Treffpunkt der Dorfjugend geworden. Unser "Youth Circle" wurde geboren, ein Raum für Teenager unseres Dorfes, um Dinge zu lernen, "die man in der Schule nicht lernt."
Intensive Monate von gemeinsamem Meditieren, Austauschen, Lernen, Ausprobieren, Gemeinschaft bauen und der herausfordernden Umsetzung eines Gruppenprojekts liegen hinter uns - das "Black-Soldier-Fly-Project", eine Initiative zur Herstellung von biologischem Tierfutter als Einnahmequelle (mehr dazu s.u.).
Unsere Pioniere befinden sich in einer Zwischenphase, haben ihre Schulausbildung abgeschlossen und warten auf den Start ihrer weiterführenden Ausbildungen ab September. In dieser Phase bewegt unsere "Gen Z" sich auf dünnem Eis. Fehlende Sportplätze, Jugendeinrichtungen, Vereine,... sorgen für Langeweile, oft Motivations- und Visionslosigkeit, nicht selten zu Drogenmissbrauch oder viel zu früher Elternschaft.
Der Youth Circle - Ein "Safe Space"
Der Youth Circle gilt als sicherer Raum, als "safe space" für die Teenager, der zu informeller Bildung, augenöffnender Kreativität und Persönlichkeitsentwicklung einlädt. Vor dem Entscheiden über ein spezifisches Gruppenprojekt, das gemeinsam umgesetzt werden soll, steht: viel achtsame Zeit miteinander verbringen. Mit Meditationstunden, Gesprächskreisen und gemeinsamen Mahlzeiten wird eine Grundlage von Vertrauen, Gemeinschaft und gegenseitiger Achtsamkeit geschaffen. Hierbei geht es darum zuzuhören, sich auszudrücken, Perspektivwechsel zu üben, aber auch zu lernen, was Verlässlichkeit und das Übernehmen von Verantwortung bedeuten für die eigenen und gemeinsamen Bedürfnisse in einer Community.
"Ich glaube unser Land wäre ein besserer Ort, wenn diejenigen, die unser Land führen, sich Zeit nehmen würden um zu meditieren, zu reflektieren und den eigenen Emotionen zuzuhören."
(Charles, 17, Mitglied des Youth Circles, mit derm Wunsch, Politiker zu werden)


Gemeinsam Entdecken
Die Jugendlichen in unserem Dorf Kandongu haben nicht oft die Möglichkeit, sich über dessen Grenzen hinaus zu bewegen. So ist das Highlight für sie: Die Ausflüge zu anderen Farmen, bei denen wir oft den ganzen Tag verbringen, zuhören, lernen, mitanpacken und dabei Dinge sehen, hören und schmecken, die vielen der jungen Menschen bisher fremd waren: Gemüsefelder ganz ohne chemische Pestizide, hausgemachte, leckere Limonaden, Beauty-Produkte aus Heilkräutern, hausgerösteter Kaffee und viele Möglichkeiten kreativer Wertschöpfung durch die Weiterverarbeitung von Farmprodukten. Dass sie dabei großzügigen Menschen begegnen, die ihr Wissen geduldig Teilen, ist keine alltägliche Erfahrung.
Gemeinsames Projekt: Das Züchten von Fliegen?!
Als gemeinsames Gruppenprojekt haben unsere Jugendliche sich das "BSF Projekt" ausgesucht, eine Zucht von "Black Soldier Fliegen", die sich in Kenia gerade bei jungen Menschen mehr und mehr Popularität erfreuen. Die Black Soldier Fliege kann gezüchtet und deren getrockneten Larven nicht nur als gute Einnahmequelle dienen, wenn sie als öko-Proteinfutter an z.B. Fisch- und Hühnerzüchter verkauft werden. Die "Abfallprodukte" der Zucht sind gleichzeitig ein Super-Dünger in der Bio-Farm.
Ein Leuchtturm-Projekt: Wir launchen das erste BSF-Projekt in der Region Mwea!
Das "BSF-Business" ist in anderen Teilen Kenias bereits weit verbreitet, Jugendliche verdienen sich eine "goldene Nase" mit ihrem Angebot an bezahlbarem Tierfutter, das für Fisch- und Hühnerzüchtern bei den veheerenden Futterpreisen industriellen Futters aus der Krise hilft.
Das Gute: Ist die Zucht einmal aufgebaut, kostet sie den Züchter nichts. Außer Wasser für die Fliegen und Küchenabfälle für die Larven braucht es nichts, um ein hochwertiges Produkt zu gewinnen.
Das erste BSF Projekt in der Region Mwea: Unser Youth Circle ist Vorreiter in unserer Region, in der die BSF Zucht als Tierfutter Alternative noch recht unbekannt ist. Interessierte Hühner- und Fischzüchter klopfen bereits jetzt an, sie können es kaum erwarten, von uns beliefert zu werden.
Auch wenn es gerade erst begonnen hat, dieses Projekt ist ein Leuchtturm-Projekt. Nicht nur konnten wir den Jugendlichen in unserem Dorf eine sinnvolle, inspirierende und Horizont erweiternde Zeit zwischen Schule und Ausbildung bieten. Sie haben wertvolles Wissen und Kompetenzen gewonnen zur Durchführung eines Projektes, das Einkommen generiert, während es lokalen Tierzüchtern aus der Krise hilft.
Die erhoffte Magnetwirkung ist aufgegangen: junge Farmer*innen und Farmer aus der Nachbarschaft werden mehr und mehr aufmerksam auf unser Projekt, bilden Lerngruppen und tauschen sich zum Thema nachhaltige Landwirtschaft aus - ein Thema, für das es in dieser Region bislang sehr wenig Bewusstsein gibt.
Ich möchte jede:r von euch danken für eure Unterstützung unserer Visionen. Junge Menschen zu empowern und auf ihrem Weg zu den "Change-Makern" dieser Zeit zu machen, ist nicht nur erfüllend, sondern auch dringend notwendig.
Danke für deine Begleitung, danke für dein Vertrauen, danke dafür, dass du Teil von uns bist!
Herzliche Grüße aus Kenia,
Jana

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